334
Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
und erbitterte dadurch den Kaiser so, daß er ihren Tod, den Tod der eignen Mutter, beschloß. Es wurde ein Schiff gebaut, welches durch eine besondere Vorrichtung in Trümmer ging. Agrippina bestieg dasselbe ohne Argwohn; aber kaum war sie an Bord gegangen und das Schiff auf hoher See, so fiel es auseinander. Schwimmend erreichte aber die Kaiserin Mutter erst einen Kahn und dann das Land; doch Nero, welcher von dem Zorne seiner Mutter das Schlimmste fürchtete, ließ sie nun umbringen. Auf den Rat der nichtswürdigen Poppäa Sabina, der schönen und geistreichen Gemahlin des vornehmen Senators Otho, wurde Octavia verbannt und unter den schändlichsten Beschuldigungen hingerichtet. Poppäa trennte sich nun von ihrem Gemahle und heiratete den Kaiser; aber nicht lange währte ihr Glück. Sie machte Nero einmal Vorwürfe über feine Thorheiten: ein Fußtritt war die Antwort und endete ihr Leben. Nero zeigte darnach den größten Schmerz, versetzte Poppäa unter die Gottheiten und errichtete ihr eine Kapelle, welche die Inschrift trug: „Der leibhaften Venus, Sabina, gewidmet von Roms Frauen."
Poppäas Verschwendungssucht war lächerlich. Sie unterhielt 500 Eselinnen, welche ihr die Milch für ihre täglichen Bäder lieferten, und diese Herde folgte ihr auch auf die Reife. Die Hufe ihrer Maultiere, welche die Sänfte trugen, waren mit Gold beschlagen; ihr Hausrat und ihre Garderobe überstiegen alles, was je in Rom gesehen war.
Die heldenmütige Arria. Ähnlich der trefflichen älteren Agrippina ist Arria, die Gemahlin des Pätus, welcher als Teilhaber einer verunglückten Verschwörung gegen Claudius Cäsar gefangen nach Rom geführt wurde. Vergeblich hatte sie gefleht, ihren Gemahl begleiten zu dürfen. Sie folgte dem Schiffe in einem zerbrechlichen Kahne über das stürmische adriatische Meer. Schon früher hatte sie einmal Beweise ihrer Geistesstärke gegeben. Ihr Gemahl und ein blühender Sohn waren heftig erkrankt. Der Jüngling starb, und Arria veranstaltete, ohne daß Pätus etwas erfuhr, fein Leichenbegängnis. So oft sie nach feinem Befinden gefragt wurde, versicherte sie, es gehe ihm wohl, und erst wenn sie das Krankenbett des siechen Pätus verlassen hatte, gab sie sich ihrem unermeßlichen Schmerze hin. Nach der Gefangennehmung ihres Gatten stand ihr Entschluß fest. Ihre Verwandten suchten sie davon abzubringen, und ihr Schwiegersohn fragte sie einst, ob sie denn auch wünsche, daß ihre Tochter stürbe, wenn er einmal den Tod erleiden sollte.
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377
lassen, welche er alle mit eben so vielen Wurfspießen erlegte. Laufen-
den Straußen schoß er den Kopf so ab, als ob er abgehauen war,
wozu er Geschosse mit sichelförmigem Ende hatte. Endlich ging er in
seiner Raserei so weit, daß er, wie ein gemeiner Fechter, unbekleidet
im Schaugebäude auftrat und im Zweikampf sich sehen ließ, wobei
er natürlich leicht über seinen Gegner Meister ward, da sich alle von
ihm besiegen ließen, indem sie in ihm nicht den Fechter, sondern den
Kaiser sahen. Das Volk betrachtete aber mit Unwillen diese Entehrung
der kaiserlichen Würde. Die Regierungsgeschäfte überließ er seinen
Günstlingen, dem Gardeprafecten Perennis, der im Streben nach
der Herrschaft im I. 186 seinen Kopf verlor; dann dem Freigelassenen
Klean der, der aus Habsucht und Herrschsucht eine künstliche Theue-
rung in dem von einer Pest schrecklich heimgesuchten Rom veranlaßte,
wobei es in der Stadt zwischen dem Volke und der kaiserlichen Reiterei
zu einem Gefecht kam, bis endlich Kleander enthauptet und die Ruhe
wieder hergestellt ward, im I. 189. Des Kaisers Argwohn und
Grausamkeit war besonders durch die Verschwörungen seiner Schwester
Lucilla und des Perennis, und durch den Mordversuch eines jungen
Senators gereizt worden, der am dunkeln Eingänge des Theaters sick-
plötzlich mit gezücktem Dolche auf Commodus stürzte und laut schrie:
» Dies sendet dir der Senat. « Er büßte aber auf der Stelle mit dem
Leben seine Unbesonnenheit. Die schuldigen Mitverschworenen und Ver-
dächtigen wurden schonungslos getödtet, auch seine Schwester, seine
Gemahlin Crispina und der große Rechtsgelehrte Salvius Julianus
und viele andere edle Männer hingerichtet.
Zu Ende des I. 192 faßte der Kaiser den tollen Entschluß, in
der Kaserne der öffentlichen Fechter zu wohnen. Vergebens riethen ihm
seine Freunde und seine Geliebte Marcia davon ab. Im Zorn schrieb
er auf eine Tafel die Namen derer auf, welche für die nächste Nacht
zur Ermordung bestimmt waren. Durch einen Lieblingsknaben des
Commodus kam diese Mordliste in die Hände der Marcia, die nebst
dem Gardeobersten Eclectus und dem Oberkämmerer Lätus oben an
stand. Diese beschlossen nun sogleich des Kaisers Vergiftung. Marcia
reichte ihm einen vergifteten Trank, der ihn aber nur betäubte und zu
starkem Erbrechen reizte, daher ließen ihn die Verschworenen, ihrer
eignen Sicherheit wegen, ohne Zögern erdrosseln, am 31. Dec. 192.
Der Senat befahl, den Namen des Tyrannen auf allen öffentlichen
Denkmälern zu vertilgen.
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Dessenungeachtet feierte der Kaiser einen Triumph und nannte sich
Dacicus.
Unter der zunehmenden Raubsucht und Grausamkeit des Kaisers
litten auch die Christen, die er wie die Juden drückte und besteuerte^
Seines Vaters Bruderssohn, Flavius Clemens, ließ er wegen seines
christlichen Glaubens hinrichten und verbannte den Apostel Johannes
nach der griechischen Insel Patmos, der nachher als Bischof zu Ephe-
sus starb. Ein Aufall beschleunigte den Tod des Tyrannen. Einst
zog einer seiner Pagen, wahrend er schlief/ unter dem Kopfkissen eine
Liste hervor, auf der die Namen der zum Tode bestimmten Personen
ausgezeichnet waren, und theilte sie diesen mit. Die Kaiserin Domi-
tilla, die Anführer der Leibgarde und andere Hofleute standen oben
an. Diese beschlossen daher zu ihrer eigenen Rettung des Tyrannen
Ermorduug. Am 18. Sept. 96 wurde der Kaiser in seinem Gemache,
als ihm einer der Verschworenen eine angebliche Anzeige einer Ver-
schwörung zum Lesen übergab, mit vielen Dolchstichen, nach langer
Gegenwehr, ermordet. Wenige Monate vor seinem Tode soll eine
Krähe auf dem Kapitol in griechischen Worten verkündigt haben:
v Alles wird gut gehen!« Die Deutung dieser Wundererscheinung er-
klärte man nachher in folgendem Verse:
„Auf dem tarpejischen Gipfel saß jüngst die geschwätzige Krähe;
Gut geht's, konnte sie nicht sagen, sie sagte: es wird!"
Das Volk vernahm ohne Theilnahme des Tyrannen Tod, mit
großem Unwillen aber die Soldaten, mit Freuden der Senat, der
Domitians Namen auf allen Denkmälern vertilgen ließ.
Zweiter Abschnitt.
Die Adoptivnachkommen Nerva's und die Antonine,
von 96 bis 235 n. Chr.
Vl
Nerva. Trajanus. Hadrianüs.
Der Senat erklärte sogleich nach Domitians Tode den alten,
durch Tugenden ausgezeichneten Senator, M. Coccejus Nerva, den
jener nach Tarent verbannt hatte, zum Kaiser. Nach den Schreckens-
tagen der vorigen Regierung traten mildere Zeiten ein und bessere
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Extrahierte Personennamen: Dacicus Clemens Apostel Nerva Coccejus_Nerva
346
muthmaßlichen Nachfolger Drusuö im I. 23 vergiften mit dessen
lasterhafter Gemahlin Livilla er in geheimen Einverständnisse lebte.
Als aber Tiberius die beiden altern Sohne des Germanicus, von dessen
Thaten und Ende nachher die Rede seyn wird, als künftige Stützen
des Staates dem Senate empfahl, so beschloß Sejan auch ihre Ver-
nichtung. Als ihm der Kaiser die Heirath mit Livilla verweigert hatte,
so fürchtete er eine Aenderung in den Gesinnungen seines Herrn, und
damit er keinen Mitbewerber seiner Gunst bekäme, so beredete er den
alten Kaiser, den Unruhen der Stadt auszuweichen und sich in die
Einsamkeit zurückzuziehen. Unter dem Vorwände einer Tempelweihe
in Kampanien, verließ im I. 26 der Kaiser Rom und kam nie wieder
zurück, obgleich er es immer versprach. Zu seinem Aufenthalte wählte
er die kleine Insel Capreä, j. Capri bei dem Vorgebirge Misenum,
wo nur wenige Vertraute Zutritt hatten, mit denen er sich über
Staatsangelegenheiten besprach. Außerdem hatte er auch Griechen
um sich, die sich zwar für Gelehrte ausgaben, aber mehr niedrige
Schmeichler und Possenreißer waren, und einige Theilnehmer seiner ge-
heimen Sünden. In Capri schwelgte er mm ungesehen in unzugäng-
lichen Lustpallästen oder ergötzte sich an ausgesuchten Martern der
Verurtheilten. Sejan konnte nun ungehindert sein böses Spiel treiben.
Des Germanicus Gemahlin Agrippina, von der Kaiserin-Mutter
Livia gehaßt und dem Tiberius verdächtig, wurde im I. 30 nach
Pandataria in die Verbannung geschickt, wo sie einige Jahre nachher
den Hungertod starh. Ihr Sohn Drusus, in Rom gefangen gehalten,
wurde gleichfalls umgebracht, und dessen Bruder Nero kam gewaltsam
auf der Insel Pontia, j. Ponza um. Nur der jüngere Bruder Cajus
Caligula blieb in der Gunst des Tiberius. Sejan's Uebermuth stieg
nach Livia's Tode im I. 29 immer höher. Als aber Tiberius die
gefährlichen Absichten seines Günstlings erfahren hatte, beschloß er
durch einen vertrauten Gardeoffizier, Macro, ihn zu stürzen. Sejan
ahnete die nahe Gefahr nicht. Tiberius hatte ihn noch kürzlich im I.
31 mit dem Consulate und Pontificate beehrt. Allein bald darauf
kam Macro, der noch schlechter als Sejan war, nach Rom, und las
in einer Senatsversammlung, wo Sejan sorglos erschien, einen langen
Brief des Kaisers vor, worin dieser ihn der Verrätherei beschuldigte
und ihn zu verhaften befahl. Der betäubte, von seiner Umgebung
verlassene Sejan wurde sogleich in das Gefängniß geführt und noch
an demselben Tage verurtheilt und hingerichtet; sein Leichnam durch
die Straßen geschleift und in die Tiber geworfen. Auch die schuld-
losen Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, starben durch Henkeröhand
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Extrahierte Personennamen: Drusuö Livilla Tiberius Germanicus Sejan Livia Tiberius Drusus Cajus
Caligula Tiberius Tiberius Tiberius
Extrahierte Ortsnamen: Kampanien Rom Capri Capri Pandataria Rom Ponza Rom
366
Valentim'an, fand sich mit den Hunnen ab und machte sich beim
Abschlüsse dieses Vertrages so verdient um den neuen Thron,
daß die Regentin volles Zutrauen zu ihm faßte und ihm die
höchste militärische Gewalt und die erste Stelle in ihrem Staats-
rathe übertrug.
Valentinianus Hl. (425—455). Unter der schwachen
Regierung dieses Kaisers, der fast sein ganzes Leben hindurch
unter der Vormundschaft seiner Mutter blieb, gingen fast alle
noch übrigen Provinzen des Reiches verloren. Ranke umstrickten
den Hof. Der zweizüngige Aetius, voll Eifersucht über das
Ansehen, das der verdienstvolle Statthalter von Afrika, Boni-
facius, bei Hofe genoß, schwärzte diesen bei der Kaiserin-
Mutter an, als wolle sich derselbe zum Herrn von Afrika machen
und flüsterte ihr ein, sie mögte, zur Probe, ihn unter irgend einem
Vorwände nach Hofe berufen, dann würde sich Herausstellen, ob er
gehorchen und Afrika verlassen würde. Da er sah, daß der Argwohn
bei ihr Wurzel faßte, ließ er dem Bonifacius durch einen seiner Ge-
treuen die vertrauliche Mittheilung machen: er stehe bei Hofe in
Verdacht; die undankbare Herrscherin beabsichtige, ihn zu stürzen;
er möge die Nachricht äußerst geheim halten; von der Wahr-
heit derselben könnte er sich überzeugen, wenn er unter irgend
einem eitlen Vorwände an den Hof gerufen würde. Bonifacius
wurde wirklich dahin gerufen und kam nicht. Placidia, die nun
an der Treue des Aötius nicht zweifelte, sandte sogleich Truppen
ab, den vermeintlichen Rebellen anzugreifen. Um sich in seiner
Provinz behaupten zu können, rief Bonifacius schleunigst d.ie
Vandalen unter Geiserich aus Spanien nach Afrika zu Hülfe
herüber (429). Zu spät wurden Placidia und Bonifacius ent-
täuscht und versöhnt. Dieser bereuete seine rasche That und
wollte sich den gelandeten Barbaren widersetzen; allein er wurde
geschlagen und zur Rückkehr nach Italien genöthigt. Die Sieger
gründeten alsbald auf der Nordküfte Afrika's das van dali-
sch e Reich mit der Hauptstadt Karthago'), eroberten Sicilien
und die Balearen und machten sich durch ihre Freibeuterei allen
C. Männert, Geschichte der Vandalen. Leipzig, 1785. — Unter
der Geißel dieser raubsüchtigen Barbaren wurde das blühende Afrika zu
einer Wüstenei. Bei der Belagerung von Hippo (Bona) starb 430 der
h. Augustinus, Bischof dieser Stadt.
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330
durch ihn eine festere Einrichtung 3), die bis auf Constantin bei-
behalten und auch von diesem wenig geändert wurde. Eine be-
sondere Sorgfalt wandte er der Justiz zu. Aus gelehrten Ju-
risten bildete er sich einen geheimen Rath (Consistorium Principis),
und indem er durch den Rechtsgelehrten Salvius Julianus aus
den Edicten der Prätoren ein feststehendes prätorisches Edict ab-
fassen ließ, machte er die Gerichtsbarkeit vom Kaiser abhängig.
Selbst Freund und Kenner der Künste und Wissenschaften, be-
förderte er dieselben auf's eifrigste, ließ aber dabei eine gewisse
Eitelkeit und Abnahme des ächten Geschmackes wahrnehmen.
Gelehrte und Künstler von allen Fächern bildeten immerfort seine
nächste Umgebung. Unter der Negierung dieses kunstliebenden
Kaisers wurde der Friede fast nur durch einen Aufstand der
Juden unter Bar Kochbah unterbrochen. Veranlassung hiezu
war die Anlegung einer römischen Kolonie (Aelia Capitolina)
mit einem Tempel des Jupiter Capitolinus auf den Trümmern
von Jerusalem. Hierüber kam es zu einem fürchterlichen Ver-
tilgungskriege (133—135), und mehr als eine halbe Million.
Juden büßte den neuen Aufstand mit dem Leben. Gegen das
Ende seiner Regierung ward er immer trübsinniger, und manche
Grausamkeiten verdunkelten den Abend seines thatkräftigen Le-
bens. Der kinderlose Kaiser adoptirte den Consular T. Antoni-
nus und starb in tiefer Melancholie zu Bajä.
T. Äl. Had. Antoninus Pius (138—161). Dieser
war noch friedlicher gesinnt, als sein Vorgänger. Während sei-
ner milden geräuschlosen Regierung verbreitete er als ein wahrer
Vater seiner Untergebenen überall Glück und Segen. „Ich will
lieber einem Bürger das Leben erhalten, als tausend Feinde
tödten!" war das schöne Wort, mit welchem er jede Aufforde-
rung zu unnützen Kriegen zurückwies. Den benachbarten Völ
kern galt jedoch sein Wort als ein Befehl, und selbst die
3) Neben dem geheimen Nathe (Consistorium principis) bestand ein
Ober Hof Meister (magister officiorum), welcher die Audienzen besorgte
und den eigentlichen Hofstaat beaufsichtigte; ein Hvfcanzler (quaestor
sacri palatii;; Hofschatzmeister (comes sacrarum largitionum); ein
Kammerpräsident (comes rerum privatarum); ein Oberkam me r-
hcrr (primicerius sacri palatii); die Obristen der Leibwache (comes equi-
tum, peditum domesticorum); der einflußreiche Oberbefehlshaber derselben
(praefectus praetorio) und der Stadtrichter (praefectus urbi).
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Extrahierte Personennamen: Constantin Aelia_Capitolina Capitolinus
371
seit der Verheerung durch Alarich noch vorhanden waren, wur-
den als Beute von den rohen Vandalen abgeführt, die außer-
dem noch viele Tausende der vornehmeren Römer beiderlei Ge-
schlechts, unter diesen auch die Kaiserin nebst ihren beiden Töchtern,
mit sich fort nach Karthago schleppten, um von ihnen ein hohes
Lösegeld zu erpressen. So ward Karthagos Schicksal an seiner
Siegerin gerächt. Den morschen Thron überließ Geiserich dem
Zufall. Da gewann der Sueve Ricimer, der eben so tapfere
als verschlagene Anführer der barbarischen Miethstruppen, sol-
chen Einfluß, daß er bis zu seinem Tode (472) willkürlich über
Thron und Reich verfügte, ohne sich selbst mit dem kaiserlichen
Purpur zu bekleiden ^). Zuerst zwang er den Feldherrn Ari-
tus, der auf Anrathen des westgothischen Königs Theo do-
rr ch Ii. zu Arles in Gallien den Jmperatortitel angenommen
hatte, zur Abdankung (456) und bekleidete zu Ende des Jahres
457 den Feldherrn Majorianus zu Ravenna mit dem kaiser-
lichen Purpur (457 — 461). Dieser war ein einsichtsvoller,
thatkräftiger Kaiser, der durch manche zweckmäßige Anordnungen
das wankende Staatsgebäude zu stützen suchte. Seine Haupt-
anstrengung richtete er gegen den Vandalenkönig, dessen Ge-
schwader seit Jahren straflos die Küsten Italiens, Siciliens,
Galliens und Spaniens geplündert, allen Verkehr gelähmt hatten.
Allein das mit Umsicht und Kraft eingeleitete Unternehmen schei-
terte an Geiserich's Schlauheit. Es gelang ihm nämlich, einen
Theil der römischen für die Überfahrt nach Afrika ausgerüsteten
Flotte durch Verrath abwendig zu machen, in Folge dessen der
Kaiser vom Kriege abließ und mit ihm Frieden schloß. Ricimer
aber, der schon längst eifersüchtig auf einen Regenten war, durch
dessen thatkräftiges Auftreten sein eigener Einfluß immer mehr
beschränkt wurde, ließ diesen nun im August 461 hinrichten
und setzte den schwachen Severus auf den Thron, in dessen
Namen er nach Laune schalten konnte. Bald aber zeigten sich
die Folgen eines so unheilvollen Spieles mit Thronen. In
Dalmatien wollte Marcellinus, ein alter Waffengefährte des
Aötius, den Schattenkaiser nicht anerkennen und erklärte sich für 4
4) Ricimer vir egregius et paene tune in Italia ad êxercitüm sin-
gularis. Jom. de reb. Get. c. 45. — Von väterlicher Seite war er
Sueve, von mütterlicher Westgoth e.
24 *
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Extrahierte Personennamen: Karthagos Theo_do- August Marcellinus Westgoth
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
Inhalt: Zeit: Antike
— 14 -
in Lobsprüchen ans ihren Kandidaten und in Bitten, ihn nicht durchsagen zu lassen, sich erging; neben den Theater- und Amphitheateranzeigen , den Vermietungsplakaten und den Gasthausempfehlungen die bedeutenden Vertreter dieser Sorte von Inschriften.
So wandeln wir denn durch die Straßen der Stadt mit
Fig. 3.
Straße in Pompei.
ihren Trottoirs, die aus großen polygonalen Lavablöcken gebildet sind; über das Forum, an das Tempel und aubere öffentliche Gebäube sich anschließen, zu den zwei Theatern mit großen Portikus, zum Amphitheater, in die Thermen, die gegen die stabtröniischen gehalten von sehr bescheibeiter Größe finb.
Wir sehen die Einrichtung der hiesigen Kaufladen (tabernae),
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259
Linie zu seinem Nachfolger und lie ihn zum Könige von Bhmen krnen. Der Kaiser entsetzte den Matthias von Thnrn, welcher bisher vorzglich den Widerstand der protestantischen Stnde geleitet hatte und als Burggraf von Karlstein (bei Prag) die Reichsinsignien und den Majesttsbrief aufbewahrte, seiner Burggraseu-Stelle und stellte ein aus 3 protestantischen und 7 katholischen Mitgliedern bestehendes Direktorium an die Spitze der Verwaltung. Diese Zurcksetzung Thurns und des bhmischen Adels berhaupt erzeugte unter den Utraquisten so nannte man hier jetzt die Protestanten, wie ehedem die Husiten eine schwierige Stimmung. Als die utraquistischen Einwohner der Orte Klostergrab und Braunau protestantische Kirchen erbauten, erhoben der Erzbischof von Prag, dem Klostergrab unterstand, und der Abt von Braunau dagegen Einspruch. Die Kirche zu Klostergrab wurde auf Befehl des Erzbifchofs niedergerissen und die zu Braunau geschlossen. Die Protestanten beriefen sich aus den Majesttsbrief und wandten sich an den Kaiser. Dieser aber wies ihre Klage ab, da der Majesttsbrief nur den Stnden und nicht den Untertanen freie Religionsbung gestatte. der diesen Bescheid emprt, versammelten sich die protestantischen Stnde unter Anfhrung des Matthias von Thurn zu Prag, drangen, von Volkshaufen begleitet, vor das Schlo und warfen die kaiserlichen Rte Martinitz und Slawata, die man fr die Urheber des abschlgigen Be-scheides ansah, nebst ihrem Geheimschreiber Fabricius aus dem Fenster in den Schlograben. Trotz des tiefen Falles wurden die drei Dese-neftrierten" nicht erheblich beschdigt. Die aufstndischen Bhmen, welche nach einer Losreiung von sterreich strebten, trugen jetzt, da nach dem Vorgefallenen fr die Hupter des Aufstandes keine Verzeihung zu er-warten war, dem Kurfrsten Friedrich V. von der Pfalz, Friedrichs Iv. Sohn, die Krone von Bhmen an (1618).
Der dreiigjhrige Krieg, 16181648.
124. Die erste Veranlassung zum Ausbruch des Krieges lag in dem Widerstreben des utraquistisch-bhmischen Adels gegen die Bemhungen des Erzherzogs Ferdinand, die knigliche Macht in Bhmen zu strken und das Jus reformandi zu strenger Anwendung zu bringen. Bei den Bhmen erwachte wie ehedem in den Husitenkriegen das Verlangen nach nationaler Unabhngigkeit. Die protestantischen Fürsten in Deutschland, soweit sie dem Augsburger Bekenntnis anhingen, nahmen anfangs fr die Sache der Bhmen in keiner Weise Partei. Erst spter,
17*
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Extrahierte Personennamen: Matthias_von_Thnrn Matthias_von_Thurn Friedrich_V. Friedrich_V. Friedrichs Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Karlstein Prag Braunau Prag Braunau Braunau Friedrichs Deutschland
237
seines Bruders Arthur, zu scheiden wnschte, um sich mit ihrem Hof-frulein Anna Boleyn (spr. Bolin) zu verbinden, so verlangte er vom Papste (Clemens Vii.) die Erlaubnis zu einer neuen Heirat. Obwohl der Papst diese verweigerte, weil frher Papst Julius Ii. die Erlaubnis zu der Ehe mit Arthurs Witwe erteilt hatte, so beharrte der König doch auf seinem Sinne. Der Kardinal Wolsey (spr. Uul). welcher bisher die Regierung geleitet hatte, wurde, weil er vom Papste die Ehe-scheidung nicht erwirken konnte, seines Amtes enthoben. Nachdem sich mehrere Universitten gegen die Rechtmigkeit der ersten Ehe aus-gesprochen, heiratete der König Anna Boleyn und erklrte sich mit Zu-ftimmung des willfhrigen Parlaments zum Oberhaupte der englischen Kirche (1534). Mehrere Katholiken. welche den Suprematseid ver-weigerten und die Erbfolgeordnung, wonach die aus der Ehe mit Katha-rina stammende Tochter Maria als zur Thronfolge unberechtigt erklrt wurde, verwarfen, wurden hingerichtet. Auch der frhere Kanzler Thomas Morus und der Bischof Fisher starben auf dem Blutgerst. Der neue Kanzler Thomas Crom well zog den grten Teil der Klster ein und besserte aus den Liegenschaften derselben den zerrtteten Staatshaushalt auf. Dann wurden sechs Glaubensartikel aufgestellt, in denen der Primat geleugnet, aber mehrere Einrichtungen der katholischen Kirche beibehalten wurden. Bald begann der König mit grausamer Willkr zu regieren. Von Anna Boleyn. welche ihm eine Tochter Elisabeth geboren, lie er sich angeblich wegen ihres unehrbaren Lebens-wandels durch einen gerichtlichen Ausspruch scheiden und sie selbst hin-richten. Tags darauf heiratete er die Johanna Seymour (spr. Simr). welche ihm einen Sohn, Eduard, schenkte, aber bald nach dessen Geburt starb.
In vierter Ehe heiratete er die protestantische Prinzessin Anna von Cleve, aber er trennte sich bald wieder von ihr und verwies sie auf einen einsamen Landsitz. Seinen Kanzler Cromwell, welcher ihm zu dieser Heirat geraten, lie er, angeblich wegen Hochverrats, hinrichten. Unter seiner fnften Gemahlin Katharina Howard (spr. Haurd), einer Tochter des Herzogs von Norfolk, gewann die katholische Partei bei Hose wieder Geltung; aber auch ihr Haupt fiel aus dem Blutgerste. Seine sechste Gemahlin, Katharina Parr, sollte schon wegen Widerspruchs in Religionsfachen des Hochverrats angeklagt werden, als sie durch kluges Einlenken noch rechtzeitig dem drohenden Henkerschwert entging.
Nachdem der König noch viele angesehene Männer seiner Laune und Willkr geopfert hatte, starb er 1547.
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